#5 Mit dem Frachtschiff nach Iquitos

... so der Plan.

Wir hatten von der Möglichkeit gehört mit einem Frachtschiff nach Iquitos fahren zu können. Die größte Stadt weltweit, die nur per Schiff oder Flugzeug zu erreichen ist. Das Schiff beliefert auf seinem Weg Dörfer und Städte, die sonst von der Außenwelt abgeschnitten sind und die Einheimischen nutzen es, um damit günstig nach Iquitos zu kommen. Klingt cool!

 

Später Nachmittag - Ankunft mit dem Colectivo in Yurimaguas, einem Fischerdorf am Rio Hallagua. Die ersten Mototaxifahrer warteten schon auf uns und witterten ihr Geschäft. Liefen bei offenem Fenster neben dem fahrenden Colectivo her und versuchten alles, dass wir bei ihnen mitfahren. Sie stürzten sich auf uns wie die Möwen aus "Findet Nemo" auf den Fisch. Zufällig sind wir dann bei einem Fahrer gelandet, der auch noch in unserem Hostel arbeitet. Wir erzählten ihm von unserem Plan, mit dem Frachtschiff nach Iquitos zu fahren und er meinte, dass es in zwei Tagen ablegen wird. Perfekt! Dann können wir morgen noch einen ganz entspannten Tag in Yurimaguas verbringen und alles besorgen, was wir für die Fahrt mit dem Frachtschiff brauchen. Das haben wir uns so gedacht...

Am nächsten Morgen lief alles noch ganz entspannt. Ausgeschlafen machten wir uns fertig, um etwas in der Stadt zu frühstücken. Als Theresa die Zimmertür öffnete, änderte sich auf einmal alles! Ein Hostelmitarbeiter und eine bis dahin unbekannte Person standen vor uns. Beide wussten über unsere Frachtschiffpläne bereits Bescheid. Heute um 09:00 Uhr läuft das Frachtschiff bereits aus, nicht morgen! Von einem Hafen außerhalb der Stadt, weil der Fluss hier zu wenig Wasser führt. Generell ist es sehr schwierig, verlässliche Aussagen zu bekommen, wann ein Frachtschiff fährt bzw. ob überhaupt. Jetzt haben wir 08:00 Uhr und die Fahrt zum Hafen dauert knapp 20 Minuten. Wir haben noch nicht gepackt, keine Hängematten inkl. Seil, keine Tupperdosen, die wir für das Essen an Bord brauchen, kein Wasser und kein Obst für drei bis vier Tage, kein Moskitonetz, kein Toilettenpapier und kein Geld! Wir schauten uns kurz an. Die Gedanken rasten! Was sind unsere Alternativen??? 1) Warten und hoffen, dass bald wieder ein Frachtschiff fährt - zu unsicher 2) gar nicht fahren - keine Option 3) No risk no fun - jaaaaa machen wir!

Der Unbekannte wurde dabei zu unserem Mototaxifahrer und gleichzeitig zu unserer Einkaufshilfe.

Jetzt packen, schnell zur Bank, dann zum Markt. Roman wartete am Mototaxi und passte auf die Wertsachen auf. Theresa und der Unbekannte rannten los und kauften an einem Stand zwei Hängematten und Moskitonetze. Auf in einen Laden mit Plastik, dort gibt es die Tupperdosen. Weiter zu einem Getränkemarkt, 21 Liter Wasser, man weiß nie so genau, wie lange eine Fahrt mit dem Frachtschiff tatsächlich dauern wird. Weiter zum Straßenverkäufer, Obst kaufen. Dann noch Toilettenpapier und wir brausen schon Richtung Hafen. Wir kommen an der Hafenpforte an. Der Unbekannte verlangte 30 Soles, ein stolzer Preis für peruanische Verhältnisse. Was bleibt uns übrig? Lange verhandeln? Keine Zeit und immerhin hat er uns fast eine Stunde rumgefahren und mit uns eingekauft! Wir zahlen. Wir werden „übergeben“ an Mototaxifahrer 2, Manuel. Er brachte uns von der Pforte zu einem Frachtschiff der Flotte "Eduardo", platzierte unsere Hängematten an Deck und wollte dafür 40 Soles. Das ist jetzt wirklich unverschämt! Für zwei Minuten Fahrt und diese kleine Hilfe. Dürfen wir mitfahren, wenn wir nicht bezahlen? Er schien hier alle zu kennen. Kann er uns um unseren Trip bringen? Wir einigten uns auf 30 Soles, bezahlten super ungern, aber mussten fast. Jetzt waren wir endlich da. Doch, wo waren nur die anderen Passagiere? Es baumelten keine anderen Hängematten neben unseren. Das Frachtschiff sah auch ganz anders aus als auf den Bildern, die wir gesehen hatten. Dürfen hier überhaupt Passagiere mitfahren? Wir verhielten uns erstmal ruhig und warteten ab. Man soll ja bekanntlich keine schlafenden Hunde wecken. Ein Mann sah unsere Hängematten und sagte „No Pasajes!“ - Keine Passagiere. Wie bitte?! Sind wir reingelegt worden und der ganze Stress, das Geld für die Hängematten etc. war umsonst?! Zum ersten Mal auf unserer Reise fühlten wir uns ganz klein, hilflos und verarscht. Man bot uns an mit einem Speedboot nach Iquitos zu fahren, das braucht auch nur 13 Stunden und nicht mehrere Tage. Aber das wollten wir nicht, wir wollten mit diesem Frachtschiff fahren! Dankend lehnten wir ab. Der Mann ließ uns alleine an Deck, sagte, er würde den Kapitän fragen. Wir entschieden erstmal noch ein bisschen zu warten, im Moment störten wir offensichtlich niemanden hier. 

Die LKWs standen zum Teil noch voll beladen vor dem Schiff. Männer schleppten einen schweren Karton nach dem anderen an Bord. Noch weitere zwei Stunden wurde geschleppt und irgendwann legten wir ab. Mit uns an Bord! Zusammen mit der Crew, 2 Familienangehörigen, knapp 130.000 Eiern, vielen Kartons, Möbeln, Tieren etc. Der Kapitän fand es wohl doch okay, dass wir mitfuhren. Puh, alles nochmal gut gegangen, wir sind auf dem Schiff und das Schiff fährt. Jetzt kann uns keiner mehr von Bord schmeißen. Los ging es auf dem Rio Huallaga Richtung Iquitos.

Kaum losgefahren steckten wir auch schon fest. Zu wenig Wasser. Wars das schon wieder? Der Hafen war noch in Sichtweite. Aber nach knapp einer halben Stunde schafften wir es, uns im Stile einer Schlange von der Sandbank zu befreien. Wird uns das öfter passieren? Ja wird es, aber wir befreien uns jedes Mal. Zum Glück auch für die Bewohner dieser Region, die auf die Lieferungen des Frachtschiffs angewiesen sind.

Für uns war chillen angesagt! Und das für die nächsten Tage. Was sollten wir auch sonst machen auf einem Frachtschiff? Wir baumelten also in unseren Hängematten, genossen den Fahrtwind und ließen das beeindruckende Amazonasgebiet an uns vorbeiziehen. Hin und wieder hielten wir bei Dörfern und die Crew be- bzw. entlud das Schiff. 

Essen gab es dreimal am Tag. Dazu geht man mit den Tupperschüsseln zur Küche. Diese wurden vom Koch randvoll befüllt, meistens mit Reis, Kartoffeln und Grillbanane. Gar nicht mal so schlecht, wir haben in Peru schon schlechter gegessen. Geschlafen haben wir in unseren Hängematten, über die wir Nachts ein Moskitonetz hängten. Tagsüber baumelten manchmal noch zwei Peruanerinnen neben uns, Nachts waren wir aber ganz allein hier oben. So ging unsere Fahrt weiter über den Rio Marañón, wo wir unsere ersten Amazonas-Delfine beobachten konnten.

Wir stellten uns auf eine dritte Nacht auf dem Schiff ein, da wir noch lange nicht am Ziel waren und es bereits dämmerte. Dann die Nachricht: in zwei Stunden erreichen wir unsere Endstation. Wir können nicht wie gedacht bis Iquitos fahren, da der Amazonas dort zu wenig Wasser hat. Wir müssen in Nauta aussteigen. Okay. Wo ist Nauta? Wie groß ist Nauta? Gibt es dort ein Hostel? Einen Bus? Wieder begannen unsere Gedanken zu rasen. Man sagte uns, es gibt einen Bus, der ca. eine Stunde bis Iquitos braucht. Aber fährt der heute Abend noch? Ohne Internet gar nicht so einfach eine gute Lösung zu finden. Irgendwie ein passendes Ende für den chaotischen und absurden Start. Wir packten also unsere Sachen, gingen in Nauta von Bord und fanden tatsächlich auch schnell ein Hostel, in dem wir für eine Nacht blieben. Am nächsten Morgen fuhren wir dann mit dem Colectivo nach Iquitos. 

Was für ein Erlebnis! Einiges ist sicher nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten und trotzdem hatten wir eine coole Zeit auf dem Schiff und möchten diese Erfahrung auf keinen Fall missen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Teddy (Donnerstag, 04 Oktober 2018 19:41)

    Hey Ihr! Das ist eine super Erlebnisgeschichte, genau so ist das wahre Leben!, Man weiß nie was als nächstes kommt und dann sowieso anders.....hihi....war wie in echt dabei....na ja, die Nächte in der baumelnden Hängematte mitten auf dem Amazonas....hm..... waren in real sicher sehr aufregend ....
    Daumen hoch und weiter viele gute Abenteuer wünsch ich euch!!!

  • #2

    Steffi Ro. (Freitag, 05 Oktober 2018 10:17)

    Ihr Lieben, das klingt nach viiiiel Abenteuer und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie aufregend das alles war. Ich beneide euch trotz der Strapazen sehr für euer einmaliges Erlebnis, das euch niemand mehr nehmen kann. :-) Alles Liebe weiterhin für euch! Ich denk an euch! :-*